Zur Individualität eines Menschen gehört auch die Art und Weise, wie er lebt, was er gerne tut oder nicht mag, durch welche Ursachen er erkrankt, wie seine Gefühlslage sich äußert oder auch nicht, seine Stoffwechselsituation (oft erkennbar an den Essensvorlieben, -abneigungen und -unverträglichkeiten oder objektiv in Laborergebnissen), wie er schläft, wovon er träumt, welches Wetter er bevorzugt und unter welchem er leidet, die Form und Lokalisation seiner Erkrankung. Auch für unwichtig gehaltene Dinge, weil sie z.B. seit Geburt bestehen und für normal gehalten werden, können Hinweis auf das passende homöopathische Arzneimittel sein. Ebenso kann es sich mit Informationen verhalten, die nur schwer über die Lippen kommen, weil sie evtl. peinlich sind oder man dann befürchtet z.B. für verrückt oder abnorm gehalten zu werden. Die Aufgabe einer homöopathisch ausgebildeten und erfahrenen Therapeutin ist nicht, zu verurteilen, zu werten oder einzuordnen, sondern die Individualität eines Menschen in seinem Sosein zu erkennen und das passende homöopathische Arzneimittel zu finden. Dafür sind nicht alle Informationen notwendig, ein Patient muss nicht alles erzählen, fehlen aber wichtige Symptombeschreibungen, kann es schwer sein, die richtigen Globuli zu ermitteln.
Was sagt Hahnemann dazu? (ich zitiere)
Paragraph 133 Organon
„Bei Empfindung dieser oder jener Arzneibeschwerde, ist’s zur genauen Bestimmung des Symptoms dienlich, ja erforderlich, dich dabei in verschiedene Lagen zu versetzen und zu beobachten, ob der Zufall durch Bewegung des eben leidenden Theils, durch Gehen in der Stube oder in freier Luft, durch Stehen, Sitzen oder Liegen sich vermehre, mindere oder vergehe und etwas in der ersten Lage widerkommen, – ob durch Essen, Trinken oder durch eine andere Bedingung sich das Symptom ändere, oder durch Sprechen, Husten, Niesen, oder bei einer anderen Verrichtung des Körpers und darauf zu achten, zu welcher Tages- oder Nachtzeit es sich vorzüglich einzustellen pflege, wodurch das jedem Symptome Eigenthümliche und Charakteristische offenbar wird.“
Wenn jetzt ein kranker Mensch für die Besserung seiner Beschwerden so ein homöopathisches Arzneimittel bekommt, kann er natürlich unmöglich an allen Symptomen eines Arzneimittelbildes leiden. Es ist also die Kunst einer klassisch homöopathisch ausgebildeten Heilpraktikerin aus einem großen Bild, den Teil herauszusuchen, der auf ihren Patienten individuell passt. Hieraus erklärt sich auch, dass die Menschen, die das gleiche Arzneimittel für ihre Beschwerde mit der gleichen Diagnose benötigen, sehr unterschiedlich sein können. Wenn Sie also in einem Buch, einer Veröffentlichung die dort beschriebenen Charakteristika für das Ihnen verordnete homöopathische Arzneimittel lesen und sich dort nicht wiederfinden, dann liegt es daran, dass der Autor in seinem Buch, seiner Veröffentlichung seine ganz subjektive Teilansicht des Arzneimittelbildes wiedergegeben hat.
Heutzutage sind Informationen über Homöopathie und ihre Arzneimittel in vielen Medien veröffentlicht. Über homöopathische Arzneimittelbilder wird gesprochen wie über astrologische Tierkreiszeichen (nach denen man auch keinen Menschen in der Tiefe beurteilen kann. Es gibt für alle Menschen ja nur zwölf). Wenn Sie also nicht wollen, dass man Sie entsprechend einordnet (und vielleicht sogar falsch), dann behalten Sie Ihr derzeitiges homöopathisches Arzneimittel, das Sie gerade einnehmen, besser für sich (Das gilt auch innerhalb der eigenen Familie.).